zur Filmbeschreibung

EINE SEKUNDE


China 2020, Farbe, 104 Min., OmU, FSK: ab 12
Regie Zhang Yimou
DarstellerInnen: Yi Zhang, Fan Wei, Liu Haocun, Yan Geling

Das Kollektiv träumt.
Eine Filmdose ist beim Transport aufgegangen, eine Filmrolle ist im Wüstensand gelandet und hat sich ineinander verknotet. Eine Katastrophe. Denn ohne die Rolle, die die aktuelle Wochenschau enthält, gerät auch die Vorführung des Propagandafilms HEROISCHE TÖCHTER UND SÖHNE (1964), auf die ein ganzes Dorf sich freut, in Gefahr. Zhang Yimous ONE SECOND, der in den 1970er Jahren gegen Ende der Kulturrevolution spielt, zeigt über weite Strecken, wie das Kollektiv unter Anleitung des reisenden Vorführers Mr. Movie aus dem staubigen Knäuel wieder einen vorführbaren Film macht. Zunächst wird der Filmstreifen entheddert, dann geräumig auf Leinen aufgehängt, mit destilliertem Wasser gereinigt und zum Trocknen sanft gefächert, bevor er schließlich, schön vorsichtig, wieder aufgewickelt wird.
ONE SECOND ist durchzogen von einer warmherzig leuchtenden Liebe für das analoge Kino – damit ist die kollektive Erfahrung der Vorführung ebenso wie die physische Beschaffenheit des Films gemeint. Auch die geradlinig erzählte Geschichte vom Tramp und der Waise und dem Kino erinnert von weiter weg zunächst an das klassische Erzählkino der dreißiger und vierziger Jahre. Umso länger man allerdings auf den Film schaut, umso komplexer, ambivalenter und interessanter werden die Charaktere und Bedeutungsebenen.

Zhang Yimou ist einer der erfolgreichsten Vertreter der fünften Generation chinesischer Filmschaffender. Mit Gesellschaftsdramen wie ROTES KORNFELD von 1987 löste er in China Kontroversen aus und geriet in den Fokus der Zensur, bevor er in den 2000er-Jahren mit dem Wuxia-Film HERO oder der Inszenierung der Olympia-Feier 2008 unverdächtig blieb. EINE SEKUNDE erinnert an das Frühwerk des Regisseurs – und wurde prompt von den Behörden beanstandet. Die Gründe bleiben diffus, immerhin übt das Drama nur sachte Gesellschaftskritik, sondern zielt auf universelle Zwischenmenschlichkeit und sinnlich zelebrierte Kinoliebe.
(programmkino.de)

Matinée am So 21. August um 12 Uhr
Mo 22. und Di 23. August jeweils um 19 Uhr

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